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Um was geht es Assange?

Dies ist ein Gastbeitrag von BradHammer. Ich Teile zwar nicht immer seine Meinung, aber verdammt oft. Viel Spass beim lesen!

 

Wikileaks ist gescheitert, Assange ein eitler Pfau, der sich, getriebenen von seinem fulminanten Ego, mit Mitstreitern und Medienpartnern, überworfen hat und schlussendlich die Whistleblower, also die Quelle seines Aufstiegs, verraten hat. Soweit zu dem, wie es aktuell in Medien und Blogs dargestellt wird. Und gewiss trifft diese Darstellung in Teilen auch zu, greift aber zu kurz. Die recht unberührte Haltung von Assange, der sich zumindest öffentlich keiner Schuld bewusst ist, dürfte nicht nur auf sein offenbar nicht zu allzu umfangreicher Reflexion und Selbstkritik ausgerichtetes Ego zurückzuführen sein, sondern ihm schlicht nicht wirklich interessieren.

 

Während Pressepartner und einige Mitstreiter vor allem das Wohl der Informanten in den Fokus rücken (interessante Artikel dazu bei Wolfgang Michael), geht es Assange um tiefgreifende systematische Veränderungen. Er ist kein Evolutionär, er ist Revolutionär, dessen Sicht nicht mit der gesellschaftlichen Wir-Gut-Die-Böse-Mentalität übereinstimmt. Für ihn sind die westlichen Staaten mit zig Geheimdiensten, die mit Diktaturen kooperieren, solange sie einen Nutzen haben, ein Teil des Problems, dem er zu Leibe rücken will. Und er will das, wie sich in seinen älteren Texten nachlesen lässt, in dem die Opportunitätskosten für konspiratives Regieren auf eine solche Höhe steigen sollen, dass sie für die Akteure nicht mehr lohnenswert sind – um das Ganze mal sehr kurz darzustellen. Die durch Transparenz erzwungene, offene Kommunikation der Regierenden soll dann zu einer demokratischen, gerechteren Gesellschaft führen. Mag man halten von was man will, er diese Motive jedoch nie verheimlicht.

 

Die Erhöhung der Opportunitätskosten ist ihm durch die Veröffentlichung der unredigierten Depeschen gelungen, auch wenn das so wohl nicht beabsichtigt war. Zudem ist die USA in gewisserweise ein weiteres Mal bloßgestellt, weil die riesige Anzahl an geheimen Depeschen nicht nur geklaut werden konnte, sondern es auch nach zehn Monaten offenbar nicht geschafft hat, gefährdete Personen in Sicherheit zu bringen – soweit die aktuelle Presselage, was im Hintergrund läuft und bereits gelaufen ist, werden wohl die Wenigstens wirklich überblicken. Nun mag es auch zu Opfern aufgrund der Depeschen kommen. Opfern, die möglicherweise gegen ein autoritäres Regime gekämpft und dafür ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, nur um jetzt in dieser Form bloßgestellt zu werden. Aber stört das jemanden wie Assange, der in diesen Personen womöglich Kollaborateure mit dem Bösen sieht? Keine Ahnung, genauso wenig wie über die Hintergründe von Wikileaks und Konsorten. Trotzdem sollte man die Geschehnisse auch aus dieser Perspektive betrachten, um einen Charakter wie Assange zu verstehen, der unnahbarer und getriebener denn je wirkt.

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