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Tagebuch

Der Mann am Bahnhof

Ich sass am Bahnhof, als er angetrottet kam. Ein älterer Herr, schätzungsweise an die 60. Ich hatte die Stöpsel meiner Kommunikationsblockiermaschiene im Ohr und las grade in einem Buch.

Was sind die 2 Wichtigsten Bücher im Leben eines Mannes?“, riss er mich aus meinem Buch und meiner Musik. „Keine Ahnung“, meinte ich etwas verdutzt. „Na Muttis Kochbuch, und Vaters Sparbuch natürlich!“ brachte er mir zusammen mit dem Gestank von Alkohol entgegen.

Er erzählte mir, das ihn die Welt aufrege. Es rege ihn auf, dass junge Menschen ihre Zukunft wegwerfen, dass der Staat die Zukunft von jungen Menschen wegwerfe, und dass im allgemeinen jeder alles immer nur wegwerfe. Er brachte Argumente gegen den Kapitalismus, gegen die Kirche, gegen den Kommunismus, und eigentlich gegen alles menschenerdenkliche hervor. Er beschwerte sich über Menschen die Gott spielten, und über Gott, der auch zuviel Gott spiele…

Er wechselte immer das Thema, wenn man sich grade auf das neue eingestellt hatte. Immer kurz bevor seine Argumente Handfest wurden, schien er selbst den Faden zu verlieren. Als sein Zug einfuhr beendete er seinen Monolog mit einem weiteren Witz:

„Na Fritzchen? Wo warst du?“
„Ich war mit Lischen im Heu!“
„Und was habt ihr da so gemacht?“
„Keine Ahnung, aber das wird ab sofort mein Hobby!“

Insgesamt eine sehr merkwürdige Begegnung mit einer noch merkwürdigeren Erscheinung. Aber irgendwie hat er dem Tag eine gute Note gegeben.

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